Alfons Uthmann aus Neubeckum erinnert sich:


Ich berichte über eine wahre Begebenheit, die sich kurz vor Ende des Krieges ereignet hat. 1944 war die Beschießung durch die Jabos (Jagdbomber) so schlimm, dass bei uns auf der Welle 4 Stellungen für die Vierlings Flak ausgehoben wurden. Die Jabos nahmen meistens des Nachts über uns den Anflug zur Eisenbahn. Wir haben riesiges Glück gehabt, dass die Stellungen für die Vierlings Flak nicht früh genug fertig geworden sind. Sonst hätten die Jabos alles platt gemacht. Als die Soldaten und die Gefangenen die Stellungen ausgehoben haben, haben wir Kinder ihnen Obst und anderes Essen gebracht. Es war sehr kalt. Eine Flakstellung besteht heute noch.
Als die Amerikaner 1945 mit ihren Panzern einmarschiert sind und bei uns vorbei Richtung Vellern gefahren sind, sind die russischen Kriegsgefangenen, die bei uns im Steinbruch hausten, den Panzern entgegen gelaufen, sind aufgesprungen und mitgefahren.
Nachdem sich alles so ein bisschen normalisiert hatte, haben die Alliierten auf dem Acker von Bauer Osthues an der Vellerner Straße und Jakobsberg (heute Hermann-Löns-Weg) einen Munitionsplatz eingerichtet. Es war alles vorhanden: Gewehre mit Munition, Bordwaffen, Handgranaten, Panzerfäuste, Waffen für die Artillerie usw. Wir Kinder waren bewaffnet wie Soldaten. Wir haben einen guten Schutzengel gehabt. Einmal gab es auch einen Toten, er war mit seinem Wagen auf Munition gefahren.
Die Gewehrmunition und die Bordwaffen wurden 100 m vor unserem Haus im Steinbruch gesprengt, die schwere Artilleriemunition wurde im Vellerner Brok gesprengt. Die dicken Splitter sind bis Tentrups Weide geflogen und haben dabei einen Draht von der großen Überlandstromleitung zerschlagen. Dabei ist ein Draht auf den Weidezaun gefallen. Einer der gefangenen Soldaten wollte über den Weidezaun klettern und hatte übersehen, dass die Stromleitung auf dem Zaun lag. Er hat sich schwer verbrannt.
Wir konnten auch beobachten, dass ein Schrotthändler aus Beckum die riesigen großen und dicken Stahlplatten mit dem Pferdefuhrwerk abtransportiert hat. Die gesprengte Munition wurde mit der Schaufel aufgeladen, es war ja Messing. Lange lagen auch noch Handgranaten und Panzerfäuste im Steinbruch. Als das Militär abgezogen war, habe ich einen großen Eimer voll mit Gewehrmunition, Handgranaten und Bordwaffen zum Amt gebracht und zur Ansicht auf den Tresen gestellt. Ich habe aber nie wieder etwas davon gehört.
Der Munitionsplatz auf dem Acker von Bauer Osthues wurde von einem anderen Kötter umgepflügt und wir hatten großes Glück, dass nichts weiter passiert ist. Denn wir Kinder sind hinter dem Pflug hergelaufen und haben die scharfe Munition, die noch im Boden lag, aufgesammelt. Als die Schrotthändler nichts mehr geholt haben, sind wir Kinder und auch die Erwachsenen wie die Schatzsucher in die Sprenglöcher gekrochen und haben die Splitter von der gesprengten Munition gesammelt. Es war ja Messing und wir haben damit unser Taschengeld aufgebessert. Die scharfe Munition haben wir entschärft, denn scharfe Munition konnte man nicht verkaufen. Es war auch Leuchtspurmunition dabei. An der Spitze befand sich Phosphor, was leicht brannte. Beim Entschärfen dieser Leuchtspurmunition ist es einmal passiert, dass die Munition anfing zu brennen. Wir warfen sie schnell weg, aber leider in ein Kornfeld, das dann Feuer fing. Der Bauer hatte uns beobachtet und wir nahmen reiß aus.