Margret Zago erinnert sich an ihre Kindheit
Kommt der Osterhase heute Nacht?
Margret Zago wurde 1938 in Beckum geboren.
Ich habe als Kind an der Ahlener Straße in Beckum gewohnt.
Ich hatte drei jüngere Geschwister, 2 Brüder und 1 Schwester.
Mein Vater hat bei Pollmann, einer Straßenbaufirma, gearbeitet. Meine Mutter hat bei Herkules in einer Sackfabrik gearbeitet. Herkules stellte Säcke für die Zementindustrie her.
1944 im Herbst wurde ich in die Elisabethschule eingeschult, 1945 zu Ostern wurde ich noch einmal in die Kettelerschule eingeschult.
Ich war Mitglied der Frohschar.
Als Älteste musste ich Zuhause schon viel mitarbeiten. Wir hatten einen großen Garten und auch Tiere, Hühner, 2 Schweine, Kaninchen, ein Schaf und einen Hund. Zusätzlich hatten meine Eltern auch noch Land gepachtet.
Meine Mutter hat während des Krieges zusätzlich auch bei Rentrup-Wintergalen gearbeitet und bekam dafür Milch und Kartoffeln. Während ihrer Arbeitszeit passte eine Frau auf uns Kinder auf, die dafür etwas von den Lebensmitteln bekam.
Am Stadion an der Ahlener Straße hatten Frauen einen Bunker gebaut und nur die durften bei Fliegeralarm mit ihrer Familie hinein. Ich war oft so müde im Bunker, dass ich sogar bei der Nachbarin auf dem Schoß einschlief. Mein Vater war oft nicht dabei. Einmal hatte er Butterschmalz flüssig gemacht und in einer Kanne im Garten vergraben.
In den Familien wurde oft heimlich Schnaps gebrannt und im Oktober und November wurde auch geschlachtet, was eigentlich verboten war. Der Bruder meines Vaters gehörte zu den „Braunen“, er schlich nachts ums Haus, um zu sehen, was dort passierte.
Ich kann mich erinnern, dass meine Mutter in dem jüdischen Geschäft Stein auf der Nordstraße einkaufte. Ich kann mich auch an zerstörte Häuser im Pulort erinnern.
Einmal fragte ich meine Mutter, es muss wohl Ostern 1945 gewesen sein: „Kommt der Osterhase heute Nacht?“ Ihre knappe Antwort lautete: “Nein, kann nicht kommen, die Panzer fahren ihn tot“.
Mein Vater arbeitete nach Kriegsende bei den Amerikanern. Manchmal brachte er ein Stückchen Schokolade mit und einmal auch eine Apfelsine. Ich kannte damals keine Apfelsine, biss voller Erwartung hinein und war schrecklich enttäuscht.